"[...] Die heute in der Marienkirche zu Lübeck stehende TOTENTANZ-ORGEL, auf der sämtliche Aufnahmen dieser Kassette gespielt wurden, ist die Rekonstruktion einer alten gotischen Orgel. Diese war im Jahre 1477 von Johannes Stephani vollendet worden. In einer Seitenkapelle der großen Kirche angebracht, erhielt sie bald ihren Namen nach dem „Totentanz“, der in den Pestjahren 1463 und 1464 dort aufgemalt worden war.
Erweiterungs- und Umbauten der Orgel nahmen 1547/48 Jakob Scherer aus Hamburg, 1557/58 der gleiche Meister (Einbau des Rückpositivs), 1621/22 Orgelbauer Henning Kröger aus Wismar (Neuanlage des Brustwerks) und schließlich 1653/55 der Lübecker Meister Friedrich Stellwagen vor. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts zählte die Orgel 42 Stimmen auf drei Klavieren und Pedal, ferner zehn Nebenzüge (Koppeln, Tremulanten u. a.). Eine höchst sinnvolle Vorrichtung stellten die zwei Pedal-Sperrventile dar, die dem Spieler bei einem Wechsel der Registrierung wesentliche Erleichterungen boten.
Im Jahre 1937 konnten anläßlich des „Dietrich-Buxtehude-Festes“ zum 300. Geburtstag des Meisters Aufriß und Mensuren der Orgel genau vermessen werden. Als in der Nacht zum 29. März 1942 die Marienkirche und mit ihr die wertvolle Totentanzorgel in Trümmer sank, waren die Voraussetzungen für eine Nachbildung der alten Orgel gegeben. Durch die Orgelbaufirma Kemper und Sohn aus Lübeck wurde die Orgel im mutmaßlichen Zustand und im Umfang von 1655 neu gebaut. Das Instrument ist mitteltönig gestimmt, und zwar so, daß etwa vier Tonarten reiner als temperiert erklingen, vier andere Tonarten erscheinen etwa der temperierten Stimmung gleichwertig, vier weitere Tonarten etwas getrübter als diese. [...]"
(texte publié dans le coffret VOX de l'intégrale des oeuvres pour orgue de Buxtehude avec Walter Kraft)